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Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung

Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung

Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung

Seit 1981 das „Internationale Jahr der Behinderten“ von den Vereinten Nationen ausgerufen wurde, sind viele Länder weitreichende Verpflichtungen eingegangen, um die Rechte der Menschen mit Behinderung zu gewährleisten.

Nach wie vor ist jedoch weltweit der Zugang zu therapeutischen und medizinischen Behandlungen von Menschen mit Behinderung unzureichend. Das gilt ebenso für ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und ihre politischen Einflussmöglichkeiten. Um das Bewusstsein für diese Situation zu stärken, wird der „Internationale Tag der Menschen mit Behinderung“ seit 1993 jährlich am 3. Dezember begangen.

Grundsätzlich wird zwischen körperlicher und geistiger Behinderung unterschieden. Wir sehen Menschen im Rollstuhl, mit Blindenhunden oder mit Down-Syndrom. Viele andere Behinderungen nehmen wir jedoch nicht wahr.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht mittlerweile von einer Milliarde Menschen mit Behinderung weltweit aus. Dabei schwankt das Verhältnis zur Gesamtbevölkerung je nach Region: In Deutschland gibt es durchschnittlich zwölf, in den armen Ländern auf der Südhalbkugel etwa zwanzig Prozent Menschen mit einer Behinderung.

 

Behinderung als Armutsphänomen

Behinderung betrifft also Menschen stärker in Ländern mit einer hohen Armutsrate. Behandlungskosten oder Hilfsmittel können sich viele nicht leisten, gesellschaftliche Tabus oder das Fehlen staatlicher Strukturen für Förderung und Integration sowie Mangel an ausgebildetem Fachpersonal sind nur ein paar Gründe, mit denen Menschen mit Behinderungen zu kämpfen haben. Viele Betroffene sind also zusätzlich zu ihrer Behinderung mit sozialer Ausgrenzung und psychischer sowie physischer Gewalt konfrontiert. Das führt zu einer Verfestigung der Armut, denn mangelnde Schulbildung aufgrund von Behinderung führt regelmäßig dazu, dass die Betroffenen keine oder nur schlecht bezahlte Arbeiten finden. Daraus resultieren wiederum schlechte Lebensbedingungen wie Mangelernährung oder unzureichende Gesundheitsvorsorge, was häufig Ursachen für Behinderungen sind. Behinderung ist außerdem oft die Folge von Kriegen und Bürgerkriegen. Kriegsbedingte Behinderungen wie z. B. Verstümmelungen bedeuten in vielen Regionen für die Betroffenen ein Leben in Isolation. Darüber hinaus stehen in Kriegs- und Krisengebieten ohnehin deutlich weniger Ressourcen zur Verfügung, um eine barrierearme Umgebung für Menschen mit Behinderung zu schaffen.

 

Zusätzliche Diskriminierungen

Wenn zu den beschriebenen Konsequenzen aus einer Behinderung weitere Formen von Diskriminierung kommen, ist die gesellschaftliche Ausgrenzung umso schwerwiegender. So wird Geflüchteten oftmals der Zugang zu Versorgungseinrichtungen erschwert oder sogar verwehrt. Geflüchtete Frauen und Kinder mit Behinderungen haben aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung nochmals weniger Möglichkeiten, ihre Rechte durchzusetzen.

Ein erhöhtes Risiko, eine Behinderung zu bekommen, haben Menschen, die in gesundheitsschädlicher Umwelt leben und arbeiten müssen. Viele Menschen fristen ihr Dasein auf Müllhalden von Metropolen wie z. B. Jakarta, schuften im Goldabbau, anderen Bergbaugebieten, großen Plantagen, in denen giftige Pflanzenschutzmittel verwendet werden oder sind in Textilfabriken gefährlichen Chemikalien ausgesetzt. Viele dieser Arbeiten werden von Kindern verrichtet, deren Entwicklung eingeschränkt wird, oder von zukünftigen Eltern, deren Kinder mit Behinderungen auf die Welt kommen.

 

Nur selten vorausschauende Politik

Oft werden Menschen mit Behinderung sich selbst überlassen, denn in vielen Ländern gibt es nach wie vor nicht einmal Ansätze einer Behindertenpolitik.

Körperliche oder geistige Beeinträchtigungen sind jedoch nur ein Teil des Problems. Es geht nicht ausschließlich um medizinische Unterstützung der Betroffenen, sondern auch um den Umgang der Gesellschaft mit diesen Menschen. Bestenfalls findet bisher im Nachhinein eine Integration in die Welt der Nicht-Behinderten statt. Ziel muss es jedoch sein, Menschen mit Behinderung von vornherein einzuplanen: in Kindergärten und Schulen, im Wohnungsbau und am Arbeitsplatz, in der Freizeit und im Produktdesign.

 

Umsetzung der UN-BRK in Deutschland

Natürlich ist die Situation in Deutschland bedeutend besser als in vielen anderen Teilen der Welt. Dennoch besteht kein Grund, sich damit zufrieden zu geben. Im Grundgesetz ist seit 1994 festgelegt, dass „niemand […] wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ darf. Deutschland ist der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) bereits vor mehr als zehn Jahren beigetreten.
Die Konvention macht den Unterzeichnerstaaten konkrete Vorgaben, wie sie ein gleichberechtigtes Miteinander umsetzen sollen: das Recht auf inklusive Bildung, den Abbau von Barrieren im öffentlichen Raum und weitere. Außerdem verpflichtet die Konvention die Vertragsstaaten dazu, die Umsetzung des Übereinkommens von einer unabhängigen Stelle überwachen zu lassen. In Deutschland ist das Institut für Menschenrechte in Berlin für die Kontrolle zuständig.

Ein Indikator für die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist ihr Zugang zum Arbeitsmarkt. Der Anteil von schwerbehinderten Berufstätigen ist auch in Deutschland deutlich geringer. Er liegt bei ca. 47 Prozent (ca. 75 Prozent bei der restlichen Bevölkerung). Zwischen 300.000 und 312.000 Menschen mit Behinderung arbeiten zudem in speziellen Werkstätten – also abgekoppelt vom ersten Arbeitsmarkt. Die Werkstätten sollen der Qualifizierung und Beschäftigung dienen, jedoch findet der Übergang in den ersten Arbeitsmarkt selten statt. Tätigkeiten in einer Werkstatt sind außerdem vom Mindestlohn ausgeschlossen und bieten damit kaum eine Möglichkeit, den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen.
Ende 2016 verabschiedete der Bundestag das Bundesteilhabegesetz. Es soll die Teilhabe am Arbeitsleben und die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen stärken. Unter anderem wurde der Leistungskatalog der Eingliederungshilfe konkretisiert, Elternassistenz und die Assistenz in der Weiterbildung und im Studium sind nun erstmalig ausdrücklich geregelt. Das sogenannte Pooling ist hier der Stein des Anstoßes, denn bestimmte Leistungen für mehrere Betroffene werden dadurch zusammengefasst, etwa eine Schulassistenz für mehrere Schüler und Schülerinnen.

Durch ein Budget für Arbeit soll der Einstieg in reguläre Betriebe erleichtert werden und Anreize für Unternehmen schaffen, Menschen mit Behinderung einzustellen. Unternehmen können sich so beispielsweise einen großen Teil des Gehalts für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Behinderung erstatten lassen. Seit seiner flächendeckenden Einführung im Januar 2018 wurde das Budget bislang jedoch nur in geringem Umfang in Anspruch genommen. Am 1. Januar 2020 traten weitere Regelungen des Gesetzes in Kraft, die zum Beispiel den Freibetrag für Personen erhöhen, die sogenannte Eingliederungshilfen beziehen.

Für einen Schritt in Richtung politische Inklusion sorgte 2019 das Bundesverfassungsgericht mit der Entscheidung, dass Menschen, die in allen Angelegenheiten betreut werden, nicht länger pauschal von Bundestags- und Europawahlen ausgeschlossen werden dürfen. Gleiches gilt für Straftäterinnen und Straftäter, die wegen Schuldunfähigkeit in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht wurden. Auf Grundlage dieses Urteils beschloss der Bundestag die Einführung eines inklusiven Wahlrechts.

Die Entscheidung des gemeinsamen Bundesausschusses, Bluttests zur Erkennung von Trisomie 21 bei sogenannten Risikoschwangerschaften in „begründeten Einzelfällen“ von den Krankenkassen finanzieren zu lassen, sorgte für weitere Kritik. Dieser Bluttest gilt als weniger riskant als die bisher üblichen Fruchtwasseruntersuchungen, die von den Kassen bezahlt werden. Kritikerinnen und Kritiker befürchten, dass durch die Kostenübernahme des Tests in Zukunft mehr Kinder mit Trisomie 21 abgetrieben werden.


Fazit

So unterschiedlich sich die Lebensverhältnisse von Menschen mit Behinderung weltweit darstellen, nirgendwo besteht Grund, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Jeder kann helfen: Unterstützung vor Ort in den Gemeinden durch eigene Leistungen oder durch Spenden für Hilfsaktionen in nahen oder fernen Ländern – Möglichkeiten und Bedarf gibt es nach wie vor leider mehr als genug!

 

Quellen: www.bpd.de und www.caritas-international.de

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